2025: Wenn Azubis regelmäßig beleidigt werden.

Liebe UnternehmerInnen, Führungskräfte, AusbilderInnen, KollegenInnen und MitarbeiterInnen in den Ausbildungsunternehmen,

dieser Beitrag richtet sich an Sie. Und zwar an diese Unternehmen, die Auszubildende noch immer als billige Arbeitskräfte sehen, Personalengpässe mit Azubis ausgleichen und Auszubildende nicht ausbilden, sondern beschäftigen.


Obwohl die Suche nach und der Mangel an Fachkräften in aller Munde ist, die Baby-Boomer sich langsam aber sicher in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden und häufig ersatzlos aus Unternehmen ausscheiden und die Personalengpässe in manchen Branchen nicht größer sein könnten, gibt es noch immer Unternehmen mit Führungskräften, Mitarbeitenden und Ausbilderinnen und Ausbildern, die den Wert ihres Nachwuchses nicht zu schätzen wissen. Auszubildende, die gerade ihren Schulabschluss gemacht haben, ins Berufsleben starten und die Arbeitswelt erst kennenlernen müssen, werden beleidigt, gemobbt, diskriminiert, beschimpft, mal leise mal laut, bedroht, ausgenutzt und in schlimmen Fällen sogar körperlich und psychisch geschädigt. Übertreibung? Leider nein. Dies zeigt sich mir täglich in der Praxis.


Wenn Sie liebe Führungskräfte, Mitarbeitende und Ausbilderinnen und Ausbilder nicht lernen, sich flexibel auf Ihre Auszubildenden einzustellen und mit den Lebensrealitäten Ihrer Azubis (Generationen Z und Alpha) auseinandersetzten, wird sich der Fachkräftemangel in Ihrem Unternehmen verschlimmern. Woher sollen die Fachkräfte kommen? Mit der Entscheidung für die Ausbildung und dem Einstellen von Auszubildenden haben Sie die Chance, gut ausgebildete Fachkräfte zu 'erschaffen'. Dies funktioniert natürlich nur, wenn sie qualitativ gut ausbilden und ihre Auszubildenden wie Menschen behandeln. Wer lässt sich gerne drei Jahre lang anschreien und bleibt dann im Unternehmen als Fachkraft?


Die meisten von Ihnen haben sicher eigene Kinder. Möchten Sie, dass Ihre Tochter oder Ihr Sohn in einem solchen Unternehmen drei Jahre lang lernt? Sicher nicht!


Welche Folgen Beleidigungen, Mobbing, Diskriminierung, Beschimpfungen und Bedrohungen von jungen Menschen haben können, möchte ich nicht verschweigen. Manche Azubis sind resilient und stecken es gut weg, wenn der Umgangston im Unternehmen sehr rau ist. Manche bekommen leichte psychosomatische Beschwerden wie Bauchweh oder erhöhte Infektanfälligkeit, kommen trotzdem jeden Tag zur Arbeit und halten es irgendwie durch. Manche Azubis sind permanent gedanklich mit ihrer Ausbildungssituation beschäftigt, stellen sich selbst in Frage, wissen irgendwann selbst nicht mehr genau, was sie wie machen sollen, um auch mal ein Lob zu bekommen und verfallen in Depressionen und manchmal auch Burnout. Je nach Situation kommt es zu Vermeidungsverhalten: Krankschreibung, Fehlzeiten in der Schule, bestimmte Aufgaben werden nicht mehr erfüllt usw..


Dass Azubis in 2025 teilweise zum Beispiel größere soziale Probleme, eingeschränkte Gesundheit oder andere Lebensthemen mit in die Ausbildung bringen, als dies vielleicht vor 40 Jahren der Fall war, ist sicher wahr und liegt häufig an den zunehmenden Anforderungen, die an jeden von uns gestellt sind. Trotzdem liegt in den jungen Menschen viel Potenzial, dass Sie für Ihr Unternehmen nutzen können. Jeder junge Mensch hat es verdient, gefördert und gut ausgebildet zu werden.


Ich erlebe es immer wieder, dass Auszubildende in Firmen durch oben geschildertes Verhalten so enttäuscht und demotiviert werden, dass sie sich entscheiden aus der Ausbildung auszusteigen und einfach nur arbeiten möchten, ungelernt versteht sich. Grundsätzlich ist das okay. Trotzdem kann ich in solchen Fällen nur Verluste erkennen: kein Abschluss für den Auszubildenden, eventuell für immer bleibende negative Einstellung zum Thema Ausbildung, keine Fachkraft für das Unternehmen, schlechte Bewertung des Unternehmens in der Peergroup des ehemaligen Azubis, keine Fachkraft für den deutschen Arbeitsmarkt...


Das bedeutet natürlich nicht, dass ein Azubi machen kann, was er oder sie möchte. Pflichten gemäß BBiG müssen selbstverständlich erfüllt werden. Bei der Pflichterfüllung können Sie als Führungskraft, KollegeIn und AusbilderIn mit positivem Beispiel voran gehen.

Sie wünschen Pünktlichkeit, dann machen Sie ihren Azubis deutlich, dass sie erwünscht sind und sie sich freuen, mit Ihnen zusammen zu arbeiten. Sie möchten, dass Auszubildende sich einbringen? Dann ermöglichen Sie positive Lernerlebnisse und lassen Sie die Azubis im Unternehmen nicht nur Helfertätigkeiten machen oder zuschauen. Sie möchten gute Noten? Dann unterstützen Sie ihre Azubis die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu schließen und führen Sie Lehrgespräche.


Sehen Sie Ihre Auszubildenden nicht als selbstverständlich, sondern freuen Sie sich, dass sie da sind. Erkennen Sie ihren Wert, die Bereicherung durch einen jungen Menschen, die Möglichkeit, gute Fachkräfte für Ihr Unternehmen auszubilden und vor allem:



Gehen Sie mit Ihren Auszubildenden so um, wie Sie es sich von Ihrem Vorgesetzten wünschen.

von Olivia Lask 26. März 2025
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